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Presseausgabe, 21. August 2002

Die Augen haben es in sich

Schnell schreiben ohne Tastatur

An der Universität Cambridge wurde ein neues Texteingabesystem entwickelt, das den Umgang mit Computern revolutionieren könnte - für Menschen, die nicht in der Lage sind, eine Tastatur zu bedienen.
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Das Texteingabesystem nennt sich Dasher. Es wurde von David MacKay und David Ward in der dortigen Fakultät für Physik entworfen und kann über einen Eyetracker gesteuert werden - eine Kamera, die aufzeichnet, auf welche Stelle des Bildschirms der Anwender gerade schaut.

"Die Software funktioniert wie ein Videospiel, wo der Anwender immer tiefer in eine riesige Bibliothek hineinsteuert", erläutert Dr. MacKay. "Mit dem eingesetzten Sprachmodell wird diese Bibliothek so gestaltet, dass schnell und leicht die wahrscheinlichen Zeichenfolgen ausgewählt und dass Buchstabierfehler erschwert werden."

Das System wird in der heutigen Nature-Ausgabe beschrieben (22. August 2002). Es ist viel schneller als alle anderen Schreibsysteme, die durch Eyetracker gesteuert werden. Experimente haben gezeigt, dass Dasher bis zu 25 Wörter pro Minute schreiben kann. Anwender die über einen Eyetracker auf einer am Bildschirm agebildeten Tastatur schreiben, schaffen nur 15 Wörter pro Minute. "Es ist nicht nur schneller als jedes alternative Schreibsystem mit Eyetrackersteuerung - die Häufigkeit von Buchstabierfehlern ist ungefähr fünfmal kleiner - und die Benutzung des neuen Systems ist auch weniger stressig", fügt Dr. MacKay hinzu.

Die Arbeitsweise von Dasher ist besonders differenziert, weil es durch natürliche Zeige-Gesten gesteuert wird. Es baut auf der natürlichen menschlichen Fähigkeit auf, hochpräzise analoge Bewegungen auszuführen. Auf einer Tastatur wird der Text mit Alles-oder-Nichts-Bewegungen eingegeben und die genannte Fähigkeit wird nicht genutzt.

Dasher unterscheidet auch nicht zwischen kompletten Wörtern und dem normalen Schreibvorgang. Andere Schreibsysteme schlagen auf einem separaten Sektor des Displays Wörter vor, und der Anwender muss durch Schauen oder Zeigen eine Auswahl treffen. Dashers Vorschläge sind wie selbstverständlich in den Schreibprozess integriert. Das Sprachmodell passt sich an den individuellen Schreibstil des Anwenders an, sodass mehrere Wörter manchmal auf einen Blick geschrieben werden können.

Dasher ist besonders hilfreich für Computeranwender, die nicht in der Lage sind, eine herkömmliche Tastatur zu bedienen. Weil es über ein beliebiges Zeigehilfsmittel gesteuert werden kann - Maus, Trackball, Touchpad, oder Eyetracker - ist es auch auf Handhelds oder Mobiltelefonen einsetzbar, wo die Tastatur aus Platzgründen fehlt. Außerdem besitzt es ein Potential als Eingabesystem für andere Sprachen, wie z.B. Japanisch.

David MacKay und David Ward planen, Dasher als Open-Source-Software vergleichbar mit GNU/Linux weiterzuentwickeln.

Hinweise für Herausgeber: Der Artikel "Fast hands-free writing by gaze direction" (freihändig mit dem Blick Schnellschreiben), wurde von David J. Ward und David J.C. MacKay in "Nature" am 22. August 2002 publiziert.
Nähere Informationen über Dasher einschließlich Videodemonstrationen und Images erhalten Sie bei: http://www.inference.org.uk/dasher/.
Weitere Presseinformationen sind online verfügbar.

Falls Sie weitere Informationen wünschen, wenden Sie sich bitte an:
David MacKay, Department of Physics, University of Cambridge.
Tel: 01223 339852; e-mail: mackay@mrao.cam.ac.uk

Alison McFarquhar, Press and Publications Office, University of Cambridge.
Tel: 01223 332300; e-mail: am353@cam.ac.uk

Cambridge University's press office.
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Presseinformation

Zugänglich ab 19:00 Uhr British Meaning Time / 1400 US Eastern Time, 21. August 2002
Einige häufig gestellte Fragen (FAQs)


Warum haben Sie Dasher erfunden?

 

Ich (David MacKay) war überzeugt, dass Standardtexteingabesysteme (wie Zehnfingertastaturen) sehr ineffizient sind - sie besitzen nicht die Vorhersagekraft der natürlichen Sprache und sie nutzen unsere Fähigkeit zu hochpräzisen Gesten nicht aus.

I glaubte, dass wir auf einer bekannten Grundlage - nämlich der Informationstheorie - vollständig neue Schreibsysteme mit weniger Hardware als Tastaturen erhalten können, die trotzdem beinahe so schnell arbeiten - und dass sie in Zeigeysteme wie z.B. Eyetracker integriert werden könnten.


Für wen ist Dasher gedacht?

 

Unterschiedliche Gruppen werden Dasher hilfreich finden. Ihr gemeinsames Interesse ist, eine Alternative zur regulären Zehnfingertastatur zu finden.


Wie kamen Sie auf die Idee der Schnittstelle mit invers-arithmetischer Codierung?

Ich (David MacKay) saß Dezember 1997 mit Mike Lewicki im Bus zum Flughafen Denver. Ich gab gerade etwas in meinen Minicomputer ein (ein Psion 3a mit einer kleinen "qwerty"-Tastatur), und Mike kommentierte: "Ei der daus, wie groß der Kasten doch ist!" Und nun dachten wir über die Frage nach: "Wie könnten wir einen kleineren Minicomputer bauen, vorausgesetzt die Tastatur sei der limitierende Faktor?" Unser Brainstorming zur Schaffung eines Hilfsmittels mit einem niedlich kleinen Display mündete in einer Brille und einem Eingabesystem nicht größer als 2cm mal 2cm, das am Jackenzipfel befestigt werden kann und nur mit dem Finger bedient wird.

Wir waren überzeugt, etwas effizienteres als eine herkömmliche Tastatur zu machen. Aus zwei Gründen ist eine Tastatur ineffizient. Erstens muss jeder Buchstabe durch eine eigene Fingerbewegung eingegeben werden - aber ein normaler Text ist hochredundant und deshalb in hohem Maß vorhersehbar. Der Informationsgehalt eines normalen Texts beträgt nur ein bis 2 Bits pro Buchstabe. Deshalb nahmen wir uns vor, ein Sprachmodell in das Herzstück des Texteingabewerkzeugs zu integrieren, um diese Vorhersehbarkeit besser auszunutzen und die Belastung des Anwenders zu reduzieren. Zweitens: Der lateinische Ausdruck ''digitis" für den menschlichen Finger wird heute zwar heute auch als ''digit'' verwendet, aber die Finger sind und bleiben analoge Werkzeuge mit ihrer besonderen Fähigkeit zu feinen, kontinuierlichen Gesten. Die groben, klumpigen Tasten missachten unsere Fähigkeit, hochpräzise Bewegungen auszuführen. Stattdessen zwingen sie uns zu binären Bewegungen, indem wir die Tasten drücken müssen. Nach unserer Einschätzung kann ein einzelner Finger grundsätzlich Informationen mit einer Datenrate von circa 24 bit pro Sekunde anzeigen.

Wenn wir einen einzigen Finger (der Informationen mit einer Rate von 24 bit pro Sekunde weitergibt), mit einem guten Sprachmodell verknüpfen könnten (das den Text zu einem Bit pro Buchstabenkomprimiert), dann könnten wir vielleicht mit einer Geschwindigkeit von 24 Buchstaben pro Sekunde schreiben!

Hier hatte ich die Idee, einen invers-arithmetischen Codierer zu konstruieren.

Der Anwender könnte die Schnittstelle durch zweidimensionale Zeichen steuern, zum Beispiel auf einem 2D-Trackpad. Und weil der Anwender sieht, wohin sich die Zeichen bewegen, brauchen wir nicht einmal den Trackpad: Wir könnten genauso gut einen Eyetracker benutzen, um die gleiche steuernde Information zu erhalten.

Damit war die Idee von 'Dasher' geboren. (Den Namen hat Mike vorgeschlagen.) Mike dachte sich, dass man einen Prototyp am besten in Tcl schreiben sollte, und als wir am Flughafen Denver ankamen, hatte Mike mir gerade soviel Tcl beigebracht, dass ich eine einfache zoomende Schnittstelle zusammengezimmert hatte.

Innerhalb einer Woche hatte ich den ersten Prototypen von 'Dasher' fertiggestellt.

Noch eine weiteres Motiv hatte mich beflügelt:  Dasher ist ein invers-arithmetischer Codierer - es würde ein praktisches Lehrmittel abgeben, und zwar für arithmetische Codierung in meinem Fortgeschrittenenkurs über Informationstheorie, Mustererkennung und Neuronale Netze. Seit Januar 1998 habe ich alle Jahre wieder Dasher eingesetzt, um arithmetische Codierung zu lehren.


Wie funktioniert die Texteingabe? Können Sie sie so beschreiben, dass ich sie mir bildhaft vorstellen kann?

 

Mit Worten ist das schwer zu erklären -soger mit Bildern ist es schwierig! (Eine Online-Erklärung mit Bildern gibt es hier) Am einfachsten lässt es sich mit einer Live-Vorführung zeigen. Wie auch immer, versuchen wir's mal:

Stellen Sie sich eine Bibliothek mit allen möglichen Büchern vor. Alle Bücher seien auf einem einzigen Regalboden
alfabetisch geordnet. (Ja genau, ich meine alle möglichen Bücher. Diese Bibliothek wird manchmal die Bibliothek von Babel gennannt.) Bücher mit dem Anfangsbuchstaben "a" stehen links. Bücher mit dem Anfangsbuchstaben "z" stehen
rechts. Das erste Buch in Abschnitt "a" liest sich wie "aaaaaaaaaaaa..."; irgendwo rechts davon befinden sich Bücher, deren Titel mit "all good things must come to an end..." beginnt; ein kleines bisschen weiter rechts befinden sich Bücher, deren Titel mit "all good things must come to an enema..." beginnt.

Wenn jemand ein Textstück schreibt, dann wird er seinen nächsten Textbaustein aus dieser "Bibliothek aller Bücher" auswählen
- nämlich dasjenige Buch, das genau den zu wählenden Textbaustein enthält. Wie wird dieses Buch angewählt? Stellen wir uns
einmal vor, es soll   "all good things..."   geschrieben werden...

Zuerst wandert unser Benutzer in den Abschnitt "a" der Bibliothek. Dort wird er mit denjenigen Büchern konfrontiert, die mit
"aa", "ab", "ac,.... "az" beginnen. Sobald er dem "al" - Abschnitt näher rückt, kann er schon Bücher sehen, die
mit "ala", "alb",... "alz" anfangen.

Der Schreibende rückt dem Regal immer näher und wird das Buch finden, das genau den Text enthält, den er schreiben wollte.
Anstelle von "Schreiben" können wir den Vorgang beschreiben als Hineinzoomen in eine alfabetische Bibliothek, indem
wir in die richtige Richtung gehen.

Genauso funktioniert Dasher, mit einer tückischen Ausnahme: Wir ändern die GRÖSSE der Stellfläche für jedes Buch entsprechend der Wahrscheinlichkeit des zugehörigen Texts. Beispielsweise werden nicht viele Bücher mit "x" beginnen. Deshalb können wir "x..." weniger Platz zur Verfügung stellen - dafür gibt es mehr Platz für die plausibleren Bücher, damit wir den wahrscheinlichen Text leichter finden.

Im Endeffekt haben wir nicht das Gefühl, wie bei der Schreibmaschine nur einzelne Buchstaben zu schreiben - sondern es kommt uns Anwendern so vor, wie wenn uns ganze Silben, ganze Wörter, ja sogar ganze Sätze entgegeneilten.

Der Anwender steuert sein Schreiben, indem er in die Richtung zeigt, in die er gehen will. Die Anzeige zoomt weiter in die von ihm angedeutete Richtung. Und weil jeder Anwender typischerweise in die Richtung schaut, die er einschlagen will, ist es nicht einmal notwendig dorthin zu zeigen - wir können einfach seine Augen verfolgen und die Blickrichtung als Zeiger nutzen.


Wie funktioniert arithmetrische Codierung? Können Sie sie so beschreiben, dass ich sie mir bildhaft vorstellen kann?

 

Arithmetische Codierung ist eine herrliche Methode zur Textkompression. Normalerweise brauche ich zur Erklärung eine  Vorlesungseinheit.

Stellen Sie sich ein Lineal  vor, z.B. mit 30 cm Länge. Markieren Sie es auf halber Länge. Markieren Sie die linke Hälfte "0" und die rechte Hälfte "1". Nun halbieren Sie die linke Hälfte und markieren die zwei Viertel "00" and "01". Genauso halbieren Sie die rechte Hälfte und markieren die zwei Viertel "10" and "11". Jetzt haben wir sechs Intervallbezeichnungen vergeben: "0" und "1" sowie  "00", "01", "10", und "11". Die letzten vier Intervalle können wir weiter unterteilen und bekommen acht Intervalle wie: "000" and "101" usw.   Es kann also ein beliebiger Abschnitt (und ein beliebig kleiner Abschnitt!) mit einer binären Zeichenfolge assoziiert werden.

Nun hängt die Textkompression natürlich davon ab, ob der Text Redundanzen enthält, und eine beliebige Redundanz kann mit einem probabilistischen Modell beschrieben werden, welches uns sagt, welcher Buchstabe in dem Dokument wahrscheinlich der erste ist, und welcher wahrscheinlich der zweite ist (unter der Voraussetzung, der wahrscheinlichste erste sei es wirklich!) usw.  Arithmetische Codierung geht von der Annahme aus, dass Sie irgendwoher solch ein Modell haben.

Wenden wir uns mal der Vorhersagen des probabilistischen Modells zu: Nehmen wir mal an, die vorhergsagten Wahrscheinlichkeiten für den ersten Buchstaben   (a,b,c,...., oder z)   seien P(a)=0.05; P(b)=0.02; P(c)=0.03; ... P(e)=0.10; ... P(t)=0.20; ....

Wir können diese Wahrscheinlichkeiten nutzen, um das Lineal in Stückchen zu teilen. Die 5% ganz links auf dem Lineal nennen wir "a", die nächsten 2% nennen wir "b" usw.

Danach können wir die "a"-Portion des Lineals in "aa", "ab", "ac",...  unterteilen, jeweils entsprechend den einzelnen Wahrscheinlichkeiten, die von dem probabilistischen Modell zugeordnet werden, sobald wir die Frage stellen: ''Angenommen der erste Buchstabe sei ein "A", welcher Buchstabe wird wahrscheinlich der zweite sein?''

So wird jede mögliche Zeichenfolge einem kleinen Abschnitt des Lineals zugeordnet. Danach codiert die arithmetische Codierungsmethode einfach die gegebene Zeichenfolge, indem sie kürzeste binäre Zeichenfolge findet, die demselben Stück des Lineals entspricht.


Wie passt sich das Modell der Sprache des Schreibenden an?
Wir verwenden ein Sprachmodell namens PPM (prediction by partial match, dt.: Vorhersage durch teilweise Übereistimmung). Dieses Sprachmodell erzeugt seine Vorhersagen, indem es zählt, wie oft jeder Buchstabe im Trainingstext in einer ähnlichen Zusammenstellung vorkam. Das Modell kann leicht adaptiert werden durch beliebige Eingaben des Anwenders in die Übungstextdatenbank. Es funktioniert mit fast jeder Sprache.


Wie sehr ermüden die Augen bei dieser Methode?

 

Eine benutzerfreundlichere Methode, als mit den eigenen Augen zu schreiben, können wir uns nicht vorstellen. Ähnlich wie beim Autofahren verbringen Ihre Augen viel Zeit damit, dahin zu schauen, wohin Sie fahren. Wir können uns deshalb grundsätzlich vorstellen, uns des Steuerrads zu entledigen und das Auto einfach dahin fahren zu lassen, wohin Ihre Augen gerade schauen. Diese freihändige Art zu fahren wäre für die Augen des Fahrers überhaupt nicht anstrengender als das normale Fahren.

Ein ähnliches Gefühl hat man beim Schreiben mit Dasher. Es geht fast mühelos. Schauen Sie einfach auf dem Bildschirm nach der ersten Silbe, die Sie schreiben wollten: sie zoomt an Ihnen vorbei, und die nächsten möglichen Silben erscheinen; meistens können Sie die nächste von Ihnen gewünschte Silbe leicht ausmachen. Sie fixieren die Silbe, sie zoomt herbei, und die nächsten Optionen erscheinen. Es wird keine bewusste Kontrolle der Augen benötigt.

Die Benutzung billiger und einfacher Eyetracker kann bei jeder Anwendung ermüdend sein, weil solche Eyetracker leicht von einem blinkenden Auge gestört werden oder schlecht kalibriert sind. Diese Probleme beruhen aber nicht auf Dasher, sondern auf dem Eyetracker.


Wie schnell ist Ihre Methode im Vergleich zu anderen Texteingabemethoden?

 

In unserer Publikation, "Schnelles freihändiges Schreiben mit dem Blick",  in Nature vom 22. August 2002 vergleichen wir  einen Eyetracker mit Bildschirmtastatur mit Dasher, dessen Wortergänzung über einen Eyetracker gesteuert wird. Dasher-Anwender konnten nach einer Übungsdauer von einer Stunde bis zu 25 Wörtern pro Minute schreiben. Die Benutzer der Bildschirmtastatur konnten nach der gleichen Übungszeit nur 15 Wörter pro Minute schreiben. Außerdem betrug die Fehlerrate bei der Benutzung der auf dem Bildschirm angezeigten Tastatur ungefähr dasd Fünffache derer von Dasher. Es ist schwierig, unter Dasher Buchstabierfehler zu machen, weil das Sprachmodell die Auswahl korrekter Schreibweisen erleichtert.

Zu Geschwindigkeit und Fehlerrate noch weitere wichtige Faktoren hinzu. Anwender, die beide Systeme ausprobiert hatten, berichteten, dass sie die Bildschirmtastaturaus zwei Gründen anstrengender fanden: Erstens ist man sich unsicher, ob im aktuellen Wort ein Fehler vorliegt (die Ergänzungsautomatik funktioniert nur, wenn keine Fehler gemacht wurden), denn ein Fehler kann nur erkannt werden, wenn man nicht auf die Tastatur schaut. Zweitens muss man bei jedem Buchstaben entscheiden, ob man die Wortergänzung verwenden oder weiterschreiben soll. Nach dem Wortergänzungsfenster zu schauen ist wie ein  Gücksspiel, denn man kann sich nicht sicher sein, ob das benötigte Wort dort wirklich angezeigt wird. Selbst wenn es angezeigt wird - es ist zusätzliche mentale Aktivität für das Suchen und Finden der richtigen Ergänzung nötig.

Demgegenüber sehen die Anwender von Dasher gleichzeitig die zuletzt geschriebenen Buchstaben und die wahrscheinlichsten Optionen für die nächsten. Und es ist Dasher egal, wie Sie schreiben wollen - es braucht nicht zu unterscheiden zwischen Wortergänzung und normalem Schreiben.

Auch haben wir das mausgesteuerte Dasher mit anderen Zeigegerät-basierten Texteingabesystemen verglichen. Alle Anwender werden mit der Übung schneller, und die Schreibgeschwindigkeiten der sehr Erfahrenen haben mit der Maus 39 Wörter pro Minute erreicht. Das ist noch nicht so schnell wie die Geschwindigkeit mit dem Zehnfingersystem auf einer voll dimensionierten Tastatur, aber wir sind weder auf eine Tastatur mit Platzbedarf angewiesen noch auf die zwei Hände, mit denen wir sie bedienen müssten. Wir brauchen nur einen Finger!


Wie lange braucht man, um mit Dasher englisch Schreiben zu lernen?

 

Wir können zur mausgesteuerten Version von Dasher und zur Eyetrackerversion nähere Angaben machen.


  • Können Sie eine Person beschreiben, die sowohl einige Sätze mit Ihrer Methode als auch mit einer Bildschirmtastatur geschrieben hat?

  •  

    Mit einer normalen bildschirmabgebildeten Tastatur müssen Sie den ersten zu schreibenden Buchstaben eine vorgegebene Zeit lang anschauen (diese sogenannte ''Verweilzeit - engl: dwell time'' ist im Sinne einer Reaktionszeit Ihres Computers voreingestellt - zum Beispiel auf eine halbe Sekunde). Danach schauen Sie auf den nächsten Buchstaben usw.  Das ist fürchterlich langsam und ermüdend. Das Ziel der Evolution unserer Augen war nicht das ''Knöpfchendrücken''!  Wenn Sie die Reaktionszeit verringern, haben Sie immer noch das Gefühl der Langsamkeit und Ermüdung, aber nicht mehr so schlimm wie bei der ersten Einstellung. Nun aber führt die verringerte Reaktionszeit zu Fehlern, weil Sie versehentlich bei den falschen Tasten ''verweilen''. Zur Beschleunigung Ihres Schreibvorgangs haben Sie die Option, einige wenige Sondertasten am oberen Rand der Tastatur anzuschauen. Diese bieten Ihnen Wortergänzungen an. Weil Sie nur das lesen können, was Sie gerade anschauen, werden Sie die angebotenen Wortergänzungen nur herausfinden, indem Sie sich dazu entschließen, Ihren Blick auf das Wortergänzungsareal zu richten. Dieses tasten Sie mit Ihrem Blick ab, während Sie gleichzeitig versuchen, auf keinem der angezeigten Wörter zu lange zu verweilen. Entweder müssen Sie jetzt das richtige Wort durch anschauen anwählen (wenn Sie es denn finden) oder aufgeben zum Tastatur zurückkehren. Sofern Sie zum Tastaturschreiben zurückkehren, sollten Sie sich jetzt erinnern, bei welchem Buchstaben Ihr Schriftzug schon angelangt war! Den zuletzt geschriebenen Buchstaben können Sie sich nur in Erinnerung bringen, wenn Sie auf wieder ein anderes Bildschirmfeld schauen. Die Wortergänzung ist hier weniger wertvoll, da sie nicht weiß, wann Ihren Augen ein Tippfehler unterlaufen ist. Es läst sich wohl nicht vermeiden, dass sie einige Wörter in Ihrem Satz falsch buchstabiert haben.

    Wenn Sie für den gleichen Satz Dasher einsetzen, zeigt der Eingangsbildschirm alle Schriftzeichen von a bis z vertikal an. Sobald sie auf den ersten Buchstaben des Satzes blicken, zoomt die Anzeige in dieses Schriftzeichen hinein. In diesem ersten Buchstaben erscheinen die möglichen Fortsetzungen. Sie blicken Sie auf die Fortsetzung, die Sie wollen, und die Anzeige zoomt dorthinein. Es handelt sich um einen kontinuierlichen Vorgang. Es gibt keine abgestuften Auswahlstadien. Nur wenig links von der Stelle, auf die man gerade blickt, sieht man die bereits augewählte Zeichenfolge. Rechts kann man sehen, wie es wahrscheinlich weitergehen wird - geordnet in alfabetischer Reihenfolge. Sie haben das Gefühl, Wortergänzungen angeboten zu bekommen. Gleichzeitig tun Sie nichts anderes als zu schreiben, indem Sie Buchstaben aus dem Alfabet aussuchen. Fehler werden seltener; wenn Sie Dasher etwa eine Stunde lang geübt haben. Wenn Sie einmal einen Fehler gemacht haben, merken Sie es typischerweise gleich danach, weil das Modell dann die von Ihnen anschließend gewünschten Zeichen nicht mehr richtig vorhersagt. Sie korrigieren die Fehler, indem Sie zurückgehen -- blicken Sie auf die linke Seite des Bildschirms statt nach rechts -- danach blicken Sie wieder allmählich nach rechts.


    Welche technischen Hindernisse waren zu überwinden, damit Dasher funktioniert?

     
  • David Ward verdanken wir die Schwerarbeit, den  Prototypen in eine schnelle, brauchbare, effektive und schöne Software zu überführen und sie zu prüfen. Besonders wichtige Beiträge waren Nichtlinearitäten in der Darstellung des Bildes und Nichtlinearitäten in der Dasher eigenen Dynamik. Nachdem die ursprüngliche lineare Version schon ganz ordentlich funktionierte, schaffte es David, die Schreibgeschwindigkeit wesentlich zu erhöhen, indem er klug Nichtlinearitäten einführte.

  • Die Schwachstelle in der Eyetrackerversion von Dasher ist die Auflösung des Eyetrackers.
    Was war an den Ergebnissen überraschend?

     

    Wir waren hocherfreut darüber, dass man mit Dasher und einem Eyetracker viel schneller schreiben kann, als es uns von vielen behinderten Anwendern mit anderen Programmen berichtet wurde. Wir haben von einem Anwender erfahren, der nur 6-9 Wörter pro Minute schreiben konnte. Hoffentlich versucht er es mal mit Dasher. Wahrscheinlich  wird seine Schreibgeschwindigkeit damit verdreifacht.


    Sie behaupten, Dasher verursache weniger Buchstabierfehler als Standardmethoden. Aber -  wie ernsthaft wurden die Fehler ausgewertet und verglichen? Ein Buchstabierfehler wird vom Leser leicht erkannt. Ein anderes Wort, das tweilweise zufällig ausgewählt wurde, kann die ganze Bedeutung verändern. Haben Sie diesen qualitativen Gesichtspunkt gründlich untersucht?

     

    Eine gute Frage. Wir haben diesen Gesichtspunkt noch nicht einer formalen  Untersuchung unterzogen, aber ich kann Ihnen einige Rohdaten überlassen und Ihnen einen vorläufigen Eindruck geben. Ich glaube, dass die meisten Fehlbuchstabierungen der hier folgenden Textprobe nicht schwer wiegen und dass viele von Ihnen aus Unsicherheit entstanden sind, wie man Jane Austens Prosa überhaupt buchstabieren soll!
    Den hier gezeigten Text schrieb ich in meiner neunten Sitzung mit dem Eyetracker. Er angeblich 5 Fehler im Vergleich mit der Vorlage. [Interpunktion und Großbuchstaben wurden damals grundsätzlich nicht berücksichtigt mit der Ausnahme, dass die Satzenden mit doppeltem Unterstrich '__' gekennzeichnet wurden.]

    thewoodhouses_were_first_in_consequence_there__all_looked_up_to_them__she_had_ma
    ny_acquaintance_in_the_place_for_her_father_was_universally_civil_but_not_one_am
    ong_them_who_could_be_accepted_in_lieu_of_miss_taylor_for_even_half_a_day__it_wa
    s_a_melancholy_change__and_emma_could_not_but_sigh_over_it_and_wish_for_impossib
    le_things_till_her_father_awoke_and_made_it_ncessary_to_be_cheerful__his_spirits
    _required_support__he_was_a_nervous_man_easily_depressed__fond_of_every_body_tha
    t_he_was_used_to_and_hating_to_part_with_them__hating_change_of_every_kind__
    Der korrigierte Text (Fehler wurden gekennzeichnet mit *) war folgender:
    The*Woodhouses were first in consequence there.  All looked up to
    them.  She had many acquaintance in the place, for her father was
    universally civil, but not one among them who could be accepted in
    lieu of Miss Taylor for even half a day.  It was a melancholy change;
    and Emma could not but sigh over it, and wish for impossible things,
    till her father awoke, and made it n*ecessary to be cheerful.  His
    spirits required support.  He was a nervous man, easily depressed;
    fond of every body that he was used to, and hating to part with them;
    hating change of every kind.
    Das folgende Beispiel zeigt zwei geringfügige Fehler. Die anderen drei kann ich nicht finden! Schauen wir uns ein anderes Beispiel an, Versuch 14. (Angeblich 4 Fehler)
    the_real_evils_indeed_of_emmas_situation_were_the_power_of_having_rat
    her_too_much_her_own_way_and_a_disposition_to_think_a_little_too_well
    _of_herself__these_were_the_disadvantages_which_threatened_alloy_to_h
    er_many_enjoyments__the_danger_however_was_at_present_so_unperceived_
    that_they_did_not_by_any_means_rank_as_misfortunes__sorrow_came_a_gen
    tle_sorrow_but_not_at_all_in_the_shape_of_any_disagreeable_consciousn
    ess__miss_taylor_married__it_was_miss_taylors_loss_which_first_brough
    t_grief__it_was_on_the_wedding_day_of_this_beloved_friend_that_emma_f
    irst_sat_in_mour
    The real evils, indeed, of Emma's situation were the power of having
    rather too much her own way, and a disposition to think a little too
    well of herself; these were the disadvantages which threatened alloy
    to her many enjoyments.  The danger, however, was at present so
    unperceived, that they did not by any means rank as misfortunes *with*
    *her*.  Sorrow came -- a gentle sorrow -- but not at all in the shape of
    any disagreeable consciousness.-- Miss Taylor married.  It was Miss
    Taylor's loss which first brought grief.  It was on the wedding-day of
    this beloved friend that Emma first sat in mournful thought of any
    continuance.
    In diesem Beispiel kann ich wiederum nur 2 Fehler finden (die beiden ausgelassenen Wörter). Ich hoffe, dass diese Beispiele ausreichen um aufzuzeigen wie zuverlässig Dasher ist, sobald man etwas geübter ist. Es ist schwierig Fehler zu machen, weil man immer sehen kann, was man gerade geschrieben hat. Deshalb glaube ich, dass man ein falsch geschriebenes Wort erkennen würde. 
    Fünfundzwanzig Wörter pro Minute zu schreiben ist immer noch langsamer als zu sprechen. Warum würde jemand Dasher verwenden, wenn er stattdessen eine Spracherkennung benutzen könnte?

     
     

    Dasher kann mit jeder normalen Maus, mit einer Touchscreen oder mit einem Eyetracker verwendet werden. Die überwiegende Mehrheit der Dasheranwender verwendet die normale Maus oder eine Touchscreen. Mit Maus oder Touchscreen können bei entsprechender Übung 35 Wörter pro Minute erreicht werden. Nach einer Stunde Übung sind 25 Wörter pro Minute ein typischer Wert.

    Das ist tatsächlich langsamer als die Sprechgeschwindigkeit. Steht jemandem die Spracherkennung zur Verfügung, so sieht er vielleicht keine Notwendigkeit, Dasher zu verwenden.

    Dennoch mögen manche Menschen Dasher, weil ...

    1. es ihnen ermöglicht, leise zu schreiben - klappernde Tasten gibt es nicht mehr!
    2. manche Menschen die Spracherkennung einfach nicht zum Laufen bringen können.
    3. Sie Dasher auf jedem Computer einsetzen können, wohingegen Sie die Spracherkennung nur auf einem Computer verwenden können, der mit Ihrer Stimme trainiert wurde.
    4. Umgebungsgeräusche eine Spracherkennung unmöglich machen.
    5. Spracherkennung ein Kopfmikrofon erfordert und den Anwender zwingt, sich eine Menge neuer Fertigkeiten anzueignen -- Sie werden wahrscheinlich mehrere Tage brauchen, ein Spracherkennungssystem zu bedienen. Dagegen werden Sie mit Dasher innerhalb von 5 Minuten klarkommen, und eine Stunde reicht bestimmt aus, um 25 Wörter pro Minute zu erzielen.
    6. Dasher kann bereits auf einem niedlichen Taschen-PC eingesetzt werden, also auch dort, wo ein Spracherkennungssystem nicht mehr funktionieren würde.
    7. Ein erfahrener Dasher-Anwender macht fast keine Fehler mehr. Selbst der am besten geschulte Spracherkennungsanwender mit der deutlichsten Aussprache wird feststellen, dass das System etwa 5% der Wörter falsch schreibt.

    Wieviel Rechenleistung benötigt Dasher?

     
     

    Dasher kann problemlos auf jedem herkömmlichen PC betrieben werden (unter den Betriebssystemen Windows oder GNU/Linux). Es funktioniert auch sehr gut auf den leistungsfähigeren Palmtopcomputern wie dem Pocket-PC. Die Eyetrackerversion haben wir bisher nur auf Standard-PCs eingesetzt, da uns noch kein Palmtop mit einem Eyetracker begegnet ist :-)


    Wie fügt sich Ihr Werk in die Arbeitsumgebung von Textkompression, Texteingabe und die Mensch-Computer-Wechselwirkung ein - und wo liegen die Unterschiede?

     
     

    Dasher besitzt ein ausgeprägtes Unterscheidungsvermögen, weil es auf die kontinuierlichen Bewegungen des menschlichen   Körpers zurückgreift, statt den Menschen dazu zu zwingen, binäre Bewegungen (wie beim Tippen) oder diskrete Zeichen oder Symbole auszusenden (wie mit der Handschrift oder bei den ''Grafitti''). Die Stärke der Augen liegt im Navigieren und Suchen, und genau das sind die Fertigkeiten, auf welche die Eyetrackerversion von Dasher zurückgreift.

    Dasher ist auch in der Lage, Unterschiede zu erkennen, weil es ein Sprachmodell integriert, und zwar weit gehend frei von programmbediungten Einschränkungen (nämlich frei von Programm-Modi wie -Einstellungen oder -Varianten). Viele Schreibsysteme verwenden ein Sprachmodell, um Wortergänzungen vorzuschlagen, aber die Annahme eines Vorschlags bedingt eine Änderung des Programmmodus. Wir halten den Einsatz von Dasher deshalb für besonders einfach, weil es von Ihnen keine Entscheidungen zur Änderung des Modus verlangt.

    Dasher erkennt die Unterschiede selbst und verlangt wenig Einarbeitung. Sobald der Anwender sich an die alfabetische Reihenfolge auf dem Bildschirm gewöhnt hat, benötigt er als einzige zusätzliche Fertigkeit noch die Fähigkeit zu steuern – analog dem Steuern eines Autos. Diese Fertigkeit kann übernommen und übertragen werden.  Möchte ein erfahrener Dasheranwender statt Englisch oder Deutsch Hiragana schreiben (das Japanische Phonetische Alphabet), so kann er es sofort. Wir müssen das Sprachmodell bloß noch an Hiragana gewöhnen und die richtigen Schriftzeichen laden. Ein Anwender, der auf Englisch 25 Wörter pro Minute schreibt, wird auch 25 Wörter pro Minute auf Japanisch schreiben (unter der Annahme, dass er beide Sprachen beherrscht!). In ähnlicher Weise können wir im Englischen oder Deutschen weitere Schriftzeichen zum Dasheralfabet hinzufügen (zum Beispiel Goßbuchstaben neben Kleinbuchstaben). Damit kann der Anwender immer noch genauso schnell wie vorher schreiben, obwohl die Anzahl der verfügbaren Schriftzeichen sich verdoppelt hat. Sonderzeichen europäischer Sprachen können einfach eingefügt werden. Um zehn akzentuierte Schriftzeichen in das Alfabet einzufügen, sind keine großen Änderungen nötig im Unterschied zu anderen Schreibhilfen wie z.B. einer Tastatur.

    Dasher verwendet den Übungstext um Unterscheidungen zu treffen. Viele Sprachmodell-basierte Systeme gehen von der Annahme aus, dass die Sprache aus Wörtern bestehe. Die Vorhersagen des Modells werden duch Wortergänzungen verkörpert. Unser Sprachmodell benötigt diese Annahme nicht, aber es verhält sich oft wie ein Wortergänzungssystem. Außerdem leistet Dasher oft gute Arbeit, indem es das nächste Wort voraussagt. Dabei hat Dasher überhaupt keine Vorstellung von "Wörtern". Falls der Anwender Dokumente schriebe, in denen Leerzeichen ausgelassen oder durch "X" ersetzt wären, so würde das Sprachmodell gut funktionieren; wenn der Anwender ganze Sätze verwendet, wird Dasher sich wie ein Satzergänzungshilfsmittel verhalten.

    Dasher kann sofort persönlich geprägt werden: Trainieren Sie das Sprachmodell einfach mit einigen Beispieldokumenten, die dem ähneln, das Sie schreiben möchten.

    Dasher funktioniert sofort und in jeder Sprache: Trainieren Sie das Sprachmodell einfach mit Beispieldokumenten aus der gewünschten Sprache.


    Wie könnten diese Forschungsergebnisse praktisch angewendet werden? Welche anderen Anwendungen könnten noch aus dieser effizienten Textkompressionsmethode hervorgehen?

     
     

    Wir glauben, dass Dasher in mindestens drei Gruppen verwendet werden kann und dass die von David Ward geschaffene Software für die Anwendung in einer von ihnen so gut wie ausgereift ist.

    Zuallererst die Gruppe der Behinderten: Denjenigen, die eine qwerty/ qwertz-Tastatur nicht bedienen können, bietet Dasher eine Möglichkeit, Text in einen Computer einzugeben. Einige behinderte Computeranwender, die Dasher ausgiebig getestet haben, berichten uns, dass sie Dasher bei Weitem besser finden als jede andere von ihnen ausprobierte Texteingabe. Wir erwarten, dass Dasher, gesteuert über Touchpad, Joystick, Maus, Kopfmaus, Rollierball oder
    Eyetracker, die Schreibgeschwindigkeit vieler behinderter Anwender schlagartig verbessern wird.

    Zweitens bietet Dasher den Computeranwendern in extremer Umgebung eine neuartige tastaturfreie Texteingabemethode. Bis heute haben kopfmontierte Anzeigen für tragbare Kleincomputer kaum Bedeutung erlangt - wir meinen, weil eine angemessene Texteingabemethode fehlte. Gesteuert durch einen Eyetracker oder einen Miniaturtrackpad bietet Dasher eine neuartige Lösung dieses Problems. Wir haben eine Dasher-Version entwickelt, die auf einem Taschen-PC lauffähig ist. Vielleicht werden deshalb einige Palmtop-Anwender Dasher als Texteingabe bevorzugen.

    Drittens glauben Wir, dass Dasher für japanische Computeranwender besonders brauchbar sein wird. Viele japanische Anwender sind mit dem qwertz-Alphabet nur wenig vertraut. Dennoch sind die meisten Computer in Japan mit qwertz-Tastaturen bestückt; daher kann man Japanisch auf einer Tastatur bisher nur relativ langsam schreiben. Beim Schreiben auf Japanisch kann man mit Dasher die qwerty-Tastatur umgehen. Gegenwärtig befindet sich der Hiragana-Prototyp bei uns im Test.

    Andere spekulativere Anwendungen für Dasher:

    Hybridsystem Voice-Dasher
    Sprechen Sie in eine fehlerhafte Spracherkennung hinein und beobachten Sie, wie ihre Folgerungen als Voraussagen angezeigt werden; überall wo das von Ihnen Gesagte nicht sicher erkannt wurde, verwenden Sie Dasher, um in den richtigen Satz hineinzusteuern. Das ist viel einfacher, als Fehler mit weiteren gesprochenen Befehlen zu korrigieren!


    Hybrides  automatisches Dasher-Übersetzungssystem
    Stellen wir uns ein leistungsschwaches Übersetzungssystem vor, das schlechte Übersetzungen aus dem Französichen oder Deutschen ins Englische liefert. Jemand vom Fach muss durch die Übersetzung hindurchstreifen und Fehler korrigieren. Diese Korrektur könnte innerhalb Dasher erledigt werden, indem die korrigierte Ausgabe des Übersetzers ein Sprachmodell erzeugt.

    Welche Eingabe wird sich auf lange Sicht durchsetzen?

     
     

    Ich glaube, dass wir die lange Sicht schon direkt vor uns haben. Schon jetzt benutzt einer unserer behinderten Freunde Dasher zum Schreiben von Dokumenten. Wir befinden uns am Ausgangspunkt für die Produktentwicklung im Sinne von Ausbietung und Werbung.


    Nach Ihren Angaben kann Dasher in den meisten Sprachen eingesetzt werden. Wie wird es wohl Ihrer Erwartung nach im Japanischen angewendet?

     
     
     

    Als ersten Schritt zu einer vollwertigen japanischen Version von Dasher, die sowohl Kana als auch Kanji beherrscht, hat David Ward eine Hiragana-Version namens "Daishoya" geschrieben. Sie ist verfügbar als Windowsversion 1.6.3 von Dasher und in den GNU/Linux-Versionen 1.6.3 bis 1.6.8.
    Ein Beispiel, wie "Daishoya" verwendet wird, um howareyouH (hajime mashite) zu schreiben, kann eingesehen werden über  www.inference.org.uk/dasher/Languages.html.
    Die Konvertierung von Dasher zu Daishoya ist einfach: Wir ersetzen das lateinische Alfabet (a..z)  durch das Hiraganaalfabet aiueo... (a,i,u,e,o,ka,ki,ku,ke,ko...). Wir ersetzen den englischen Übungstext durch ein Hiraganadokument. [Leider konnten wir noch kein umfangreiches Dokument finden, das in reinem Hiragana geschrieben ist. Deshalb ist dieses Sprachmodell noch nicht so gut trainiert wie wir es uns gewünscht hätten.]
    Mit Daishoya können Sie Hiragana-Texte ohne Tastatur schreiben.
    Auf lange Sicht können wir uns zwei Wege vorstellen, mit Daishoya Kanji zu schreiben:

    1. Wir könnten ein Sonderzeichen zu unserem Zeichensatz hinzufügen (z.B. das „Eingabe“-Zeichen  ?  in der japanischen Word-Version) mit der Bedeutung "von Hiragana nach Kanji konvertieren", und mit einem Sprachmodell vorhersagen,  welche Kanji-Zeichen in dem gegebenen Zusammenhang und für die gerade geschriebene Hiraganasequenz die wahrscheinlichsten sind. Alle wahrscheinlichen Kanji-Zeichen würden in Kästchen angezeigt, deren Größe zu Ihrer Wahrscheinlichkeit proportional ist. Der Anwender würde in das gewünschte Kanji-Zeichen hineinzoomen.
    2. Wir könnten eine neue Daishoya-Version erstellen, deren „alfabetische“ Symbole nicht Kana-, sondern Kanjizeichen sind – zum Beispiel einfache Striche. Der Anwender würde jedes einzelne Kanji-Zeichen durch Hinzufügen einzelner Elemente aufbauen.

    Wie viele Menschen haben Dasher schon benutzt?

    Mit dem Zählen kommen wir nicht mehr nach. Bis August 2002 haben schätzungsweise 50,000 Anwender Dasher heruntergeladen.


    Was werden die nächsten Schritte Ihrer Forschung sein? Was ist letztendlich Ihr Ziel?

     
     
     

    Das erste und wichtigste Ziel haben wir erreicht -- ein System, mit dem Menschen schreiben können, und zwar ohne Tastatur und schneller als sie bisher schreiben konnten. Dieser Traum ist Realität.

    Bis Oktober 2002 wurde das Dasher-Projekt von der gemeinnützigen Gatsby Foundation gefördert. Es beschäftigen uns weiterhin die folgenden Forschungsthemen:


    Wann werden Ihre Forschungsergebnisse umsetzungsreif sein?

    Wann wird es eine "Konsumentenversion" von Dasher geben?

    Produktentwicklung und –förderung wird als Open-Source-Project betrieben. Die Forschungsversion von Dasher steht jetzt schon zur Verfügung und wird bereits von einigen behinderten Computeranwendern gerne eingesetzt. Wir gehen davon aus, dass die Open-Source-Gemeinschaft  eine Konsumentenversion in ordentlicher Aufmachung innerhalb 12 Monaten anbieten kann. Der Quellcode wurde 2002 unter der öffentlichen GNU-lizenz publiziert. Hoffentlch finden viele Konsumenten die Version, die Ende September 2002 publiziert wurde, brauchbar und hilfreich. Jeder, der dieses Projekt unterstützen möchte, wende sich bitte an David MacKay.


    Warum wird Dasher als Open-Source-Projekt betrieben?

     
     
     

    Unsere Arbeit  profitiert enorm von der Verwendung  freier Software.

    Nachdem wir so viel profitiert haben, ist uns klargeworden, dass kostenlose Software die Welt beglückt. Wir müssten schon einen sehr guten Grund haben, wenn wir unser Arbeitsergebnis nicht frei zugänglich machten.

    Unsere Arbeit an der Universität wird hauptsächlich öffentlich gefördert, denn die Steuerzahler des vereinten Königreichs kommen für die Kosten der Universität auf. In gleicher Weise haben auch US-Steuerzahler für Teile der von uns genutzten Software bezahlt.

    Das zwingendste Argument, die Software kostenfrei zu halten ist, dass es mehr Spaß macht, in dieser Welt zu leben, wenn jedermann freigiebig mit anderen teilt.

    Die Freizügigkeit von Dasher braucht ein Unternehmen nicht daran zu hindern, es zu verkaufen, wie z.B. Red Hat GNU/Linux verkauft. Wenn Unternehmen von Dasher profitieren, möchten wir sie aber aufmuntern, den Fortgang unserer Arbeit mit einer angemessenen Spende zu unterstützen. Das Dasher-Projekt wurde von den IBM-Forschungslaboratorien Zürich großzügig unterstützt. David MacKay wurde ein Partnerschaftspreis verliehen in Anerkennung seiner früheren freizügig zur Verfügung gestellten Arbeitsergebnisse über Codes zur Fehlerkorrektur.

    Wir beabsichtigen, Dasher zunächst unter der „GNU public license“ (GPL) zur Verfügung zu stellen. [Bei Bedarf kann eine spätere Version von Dasher unter der LGPL-Lizenz zur Verfügung gestellt werden.] Mit diesen Lizenzen kann, darf und soll jeder den Quellcode verwenden und sicherstellen, dass modifizierte Versionen des Quellcodes in gleicher Weise für jeden frei zugänglich bleiben.
     

    Reden wir mal Klartext. Dasher ist ganz ausgezeichnet und hat das Potential außergewöhnlich  populär zu werden (besonders auf dem japanischen Markt). Dennoch machen Sie es zu einer Open Source (aus den obengenannten Gründen). Heißt das nicht, dass Palm oder Sony oder irgendjemand Ihre Idee kaputtmachen könnte?

     

     
     

    Ja, es ist denkbar, dass ein Unternehmen Dasher in sein Produkt einbaut und dass es seine Verkäufe in die Höhe schnellen lässt. Das ist in Ordnung, und ich hoffe, dass sie sich mit einer Gegenleistung an die Gemeinschaft der Interessenten und Unterstützer freier Software revanchieren – beispielsweise würden wir uns freuen über Zuwendungen für Aufbau und Erhalt der Stelle eines Softwareentwicklungsbeauftragten für Dasher in meiner Arbeitsgruppe.

    Aus drei Gründen halte ich Softwarepatente für eine schlechte Idee:

    Erstens: Patente behindern eine offene Diskussion – wissenschaftliches Arbeiten macht in einer geheimniskrämerischen Umgebung keinen Spaß, und Verständigung ist essenziell für den Fortschritt. Ich könnte wahrscheinlich keine Doktoranden für die Arbeit an Ideen wie Dasher gewinnen, wenn ich sie zwänge, meine Ideen geheimzuhalten. Dasher wäre wohl nie aus dem Grundstadium herausgekommen.

    Zweitens verhindern Softwarepatente, dass beste Softwarelösungen verwendet werden - ein treffendes Beispiel ist das weithin verwendete "gif"-Format für Bilder: Compuserve und Unisys betreiben allem Anschein nach ein Patent des Kompressionsalgorithmus, der üblicherweise eingesetzt wurde, um gif-Images schön klein zu machen. Deshalb wird jeder die Verwendung eines netten einfachen Standards einstellen müssen.

    Drittens meine ich, dass sogar verdiente Erfinder recht selten irgendeinen finanziellen Vorteil aus einem Softwarepatent erzielen. Es ist aussichtslos. Diejenigen, die von Patenten profitieren sind (a) Patentanwälte und (b) Großunternehmen, die Patente als Drohmittel einsetzen, um andere Firmen zu Vereinbarungen zu zwingen. Wenn ich ein Patent hätte und ein Großunternehmen es verletzte, was könnte ich dagegen tun? Sie können mehr Geld in die juristische Schlacht werfen als ich. Und sie würden zweifellos unterstellen und gegenhalten, dass ich einen ganzen Stapel von ihren Patenten verletzte. Sogar in der physischen Welt erscheinen Patent ziemlich nutzlos. Nehmen Sie Herrn Dyson mit seinen beutelfreien Staubsaugern. Hat nicht Hoover sein Patent verletzt, und hat es ihn nicht zehn jammervolle Jahre gekostet, damit die Missachtung seiner Rechte gerichtliche Anerkennung fand?


    Von wem wurde Ihre Forschung gefördert?

    Die "blue-skies"-Forschung der "Inference group" wird unterstützt von der  gemeinnützigen Gatsby Charitable Foundation und durch den Partnerschaftspreis des Forschungslabors IBM Zürich.

    Das Dasher-Projekt ist (bisher) fast ohne Mittel betrieben worden und ohne weitere Förderungsanträge.

    Unterstützung für die Weiterentwicklung von Dasher ist willkommen!


    Was ist Ihr "Dienstgrad", wie sollte man sich auf Sie beziehen und wie an Sie wenden?

     

    David MacKay ist Reader* in Natural Philosophy in der Fakultät für Physik ander Universität Cambridge. Er ist auch Mitbegründer der IT-Firma Transversal.
    [(*) Ein "Reader" wäre nach der  U.S- und der deutschen Terminologie in etwa ein Professor oder Privatdozent.]

    David Ward hat das größte Stück der harten Arbeit erledigt, Dasher von der Idee in eine funktionstüchtige Wirklichkeit zu konvertieren. Er wurde an der Fakultät für Physik promoviert und arbeitet nun für ein Softwareunternehmen in Cambridge.

    Wir würden gerne David Ward und David MacKay genannt werden, oder Dr. David Ward und Dr. David MacKay.


    Was würden Sie sonst noch gerne sagen?

    Ausführbare Programmkopien der Dasher-Software können kostenlos von der Website des Dasher-Projekts heruntergeladen werden, http://www.inference.org.uk/dasher/. Dort finden Sie auch Tipps für Neulinge. Geben Sie nicht auf - es kostet Sie ein bis zwei Minuten um anzufangen – innerhalb zehn Minuten werden Sie bereits “dashen“.
    Probieren Sie es aus!

    Zuwendungen zur Unterstützung unserer Forschung sind jederzeit willkommen.